Policy Note 38: Negative Folgen der Netzneutralität berücksichtigen

Dr. Wolfgang Briglauer                    Leiter des Forschungsbereichs Digitalisierung und Regulierung

Der Begriff der Netzneutralität ist in der öffentlichen Debatte äußerst positiv belegt. Mit ihm verbunden ist das Bild eines diskriminierungsfreien Internets und die Hoffnung, Netzneutralitätsregulierung fördere die Entwicklung neuer Internetdienste, was wiederum zu steigender Nachfrage und schlussendlich zu weiteren Investitionen in die Breitbandinfrastruktur führt. Entsprechend besteht derzeit durch die europäische Netzneutralitätsrichtlinie eine vergleichsweise sehr strenge Regulierung, die es Anbietern breitbandiger Internetdienste verbietet, Preis- und Qualitätsdifferenzierung zu betreiben und die Internetnutzung auf Seiten der Internetdienste bzw. Content Anbieter zu bepreisen. „Bei dem in der öffentlichen Debatte überaus positiven Bild der Netzneutralität sind die negativen Folgen der Regulierung bislang nur unzureichend berücksichtigt worden“, sagt Wolfgang Briglauer, Leiter des Forschungsbereichs Digitalisierung und Regulierung von EcoAustria.

So zeigen umfangreiche Forschungsarbeiten, dass die strikte Netzneutralitätsregulierung negativ auf Investitionen in Netzinfrastrukturen wirkt und die Verbraucherpreise tendenziell steigen lässt. Ohne Netzneutralitätsregulierungen fallen die Möglichkeiten und Anreize für Anbieter breitbandiger Internetzugangsdienste in neue Infrastrukturen zu investieren höher aus. Zudem müssten Netzbetreiber die Kosten nicht ausschließlich auf die Endkonsumenten von Internetdiensten abwälzen, sondern könnten die Nutzung des Internets auch auf Seiten der Diensteanbieter bepreisen. „Aufgrund der negativen Auswirkungen auf die Investitionen und die Verbraucherpreise, sollte die aktuelle Netzneutralitätsregulierung in der EU kritisch hinterfragt und angepasst werden“, betont Briglauer. Statt einer strikten Netzneutralitätsregulierung wäre es ökonomisch sinnvoller, Anbietern breitbandiger Internetzugangsdienste mehr Preis- und Qualitätsgestaltungsmöglichkeiten einzuräumen. Dies sollte mit Sanktionsmöglichkeiten kombiniert werden, sollten tatsächlich Fälle missbräuchlicher Diskriminierung auftreten, so das Fazit einer heute veröffentlichten EcoAustria Policy Note.