Neue Regierung: eine Chance für Österreich!

Prof. Dr. Tobias Thomas             Direktor

Bundespräsident Alexander van der Bellen hat heute die neue Bundesregierung angelobt. Hierzu sagt Tobias Thomas, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria:

“Die neue Bundesregierung bietet eine große Chance für Österreich. Wenn es gelingt, die Ziele der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit zu verbinden, kann Österreich eine Vorbildfunktion für viele Länder übernehmen. Das Regierungsprogramm betont zu Recht die Notwendigkeit umfänglicher Maßnahmen zum Klimaschutz, denn der Klimawandel lässt sich nicht wegdiskutieren. Heute stellt das Pariser Abkommen den Rahmen dar. Wer es schafft, die Klimaziele am kostengünstigsten zu erreichen, kann damit einen Vorteil bei der Wettbewerbsfähigkeit erlangen. Bei der Auswahl der geeigneten klimapolitischen Instrumente kann die Wissenschaft einen wichtigen Beitrag leisten, denn diese stehen seit Jahrzehnten im Fokus umweltökonomischer Forschung. So können Auflagen und Verbote zwar dazu, dass die Ziele erreicht werden, jedoch zu hohen Kosten und damit verbunden zu deutlichen Einbußen bei der Wettbewerbsfähigkeit. Mit einer CO2-Steuer würden die Ziele nur treffsicher erreicht, wenn der Staat die dafür notwendige Steuerhöhe richtig „errät“. Allerdings fehlt es dem Staat an den notwendigen Informationen hierfür. Der europäische Emmissionszertifikatehandel hat in den Bereichen Industrie und Energie bereits zu deutlich geringeren CO2-Emissionen beigetragen. Ein solches System könnte für die Bereiche Verkehr und Gebäude auch auf nationaler Ebene dazu beitragen, dass die Klimaziele sicher und möglichst kostengünstig erreicht werden. Mit den Einnahmen könnte zudem der Faktor Arbeit von den derzeit hohen Abgaben entlastet werden.

In Sachen Abgabenbelastung belegt Österreich im internationalen Vergleich mit rund 43 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einen wenig ruhmreichen europäischen Spitzenplatz. Die hohe Abgabenbelastung führt dazu, dass bei den Arbeitnehmern zu wenig von den Früchten ihrer Arbeit ankommt und den Unternehmen viel Luft für Investitionen genommen wird. Dass im Regierungsprogramm an die Pläne der großen Steuerreform vom Mai 2019 angeknüpft wird, ist ein richtiges Signal, denn damit würde die Beschäftigung mittel- bis langfristig um 50.000 Jobs höher ausfallen, wie Analysen von EcoAustria zeigen. Im Zusammenhang mit Maßnahmen zum Klimaschutz bedeutet das aber auch, dass die Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung zurückerstattet und zum Beispiel für eine weitere Entlastung des Faktors Arbeit genutzt werden sollten.

Zudem können Klimaziele und Wettbewerbsfähigkeit nur nachhaltig gesichert werden, wenn unintendierte soziale Nebenwirkungen möglichst vermieden werden. Das zeigen nicht zuletzt die Gelbwestenproteste in Frankreich. In der öffentlichen Debatte stehen derzeit die direkten Effekte einer CO2-Bepreisung im Fokus, zum Beispiel wer an der Tanksäule wieviel mehr zahlen wird. Auch wenn diese Frage wichtig ist, sind die indirekten Effekte mindestens ebenso wichtig: wird über eine ungünstige Auswahl der klimapolitischen Instrumente die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts über Gebühr belastet, so fallen Wachstum und Beschäftigung geringer aus und die Konsummöglichkeiten der privaten Haushalte werden eingeschränkt. Damit kann auch der Rückhalt der Klimapolitik in der Bevölkerung schwinden. Internationale Studien zeigen, dass die Wachstumswirkung einer CO2-Bepreisung je nach Höhe und der Art der Rückerstattung zwischen plus 4 und minus 8 Prozent auf 40 Jahre kumuliert ausmachen kann. Dies verdeutlicht Chancen aber auch die Risiken der Klimapolitik. Wissenschaftliche Untersuchungen in einem allgemeinen Gleichgewichtsmodell, wie die Analysen von EcoAustria mit dem Makromodell PuMA, können hierzu wichtige Erkenntnisse liefern.“