Research Paper 10: Ökonomen werden in Lagern wahrgenommen

Mag. Dr. Wolfgang Schwarzbauer
Leiter des Forschungsbereichs Außenwirtschaft und regionale Wirtschaftspolitik

Politikberatende Wirtschaftswissenschafter werden oftmals politisch-ideologischen Lagern zugeordnet. So zeigt eine aktuelle Untersuchung von Wolfgang Schwarzbauer und Tobias Thomas von EcoAustria gemeinsam mit Gert G. Wagner vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, dass in Deutschland zwei größere Cluster von Ökonomen bestehen, die als einflussreich angesehen werden können.

Hierzu haben die Autoren eine Umfrage unter deutschen Politikern und Ministerialbeamten der Jahre 2014 bis 2018 netzwerkanalytisch ausgewertet. Diese wird im Rahmen des FAZ-Ökonomenrankings jährlich durchgeführt. Jeder Befragte konnte bis zu fünf Ökonomen und bis zu fünf weitere Wissenschafter nennen, die er am meisten für seine Arbeit schätzt. Das Cluster mit dem größten Einfluss besteht rund um den aktuellen und den vormaligen Präsidenten des ifo Instituts in München, Clemens Fuest und Hans-Werner Sinn. Weitere Mitglieder dieses Clusters sind Lars P. Feld, Michael Hüther und Christoph M. Schmidt. Das zweiteinflussreichste Lager wird von Marcel Fratzscher, dem Präsidenten des DIW Berlin, angeführt. Weitere Ökonomen in diesem Cluster sind Peter Bofinger, Gustav A. Horn, Claudia Kemfert und Heiner Flassbeck.

Aufschlussreich sind auch die wichtigsten nicht-ökonomischen Disziplinen, die mit den Ökonomen-Clustern assoziiert werden: mit Bezug auf das Cluster „Fuest“ sind dies der Bedeutung nach Rechts-, Politik- und Geschichtswissenschaft. Das Cluster „Fratzscher“ wird in erster Linie mit der Politikwissenschaft und der Soziologie assoziiert. Betrachtet man die Wissenschafter innerhalb der nicht-ökonomischen Disziplinen, so zeigen sich auch hier deutliche und trennscharfe Unterschiede. Nahezu kein Wissenschafter wird mit beiden Ökonomen-Lagern genannt.

Bei den Ergebnissen muss berücksichtigt werden, dass diese lediglich aussagen, wie die genannten Wissenschafter von Ministerialbeamten und Parlamentariern wahrgenommen werden und nicht wie sie sich selbst einordnen würden. Die Ergebnisse der Studie wurden jüngst im Wirtschaftsdienst 4/2019 und als EcoAustria Research Paper 10 veröffentlicht.