Research Paper 5: Fehlender Mut kein Grund für Reformstau

Strukturreformen bilden die Basis für nachhaltiges Wachstum und Wohlstand und damit auch für die langfristige Finanzierung des Sozialstaats. Allerdings finden solche Reformen selten frühzeitig und oft nur in geringem Umfang statt. Das Forschungsfeld der Neuen Politischen Ökonomie untersucht systematisch die Treiber und Hürden von Strukturreformen. „Häufig werden Reformen erst dann angestoßen, wenn eine Krise bereits voll im Gange ist“, sagt Tobias Thomas, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria. „Hierauf zu warten ist aber nicht nötig und auch nicht sinnvoll. Hinweise auf wirksame Reformen können auch gewonnen werden, wenn man offen Ausschau hält, welche Politikmaßnahmen anderswo zu guten Ergebnissen geführt haben. Das kann im internationalen Vergleich geschehen oder auch zwischen den Bundesländern im Föderalismus“, so Thomas. 

Als Hürden für Reformen werden in wissenschaftlichen Studien oftmals Unsicherheit über die Gewinner und Verlierer einer Reform sowie Zermürbungskriege zwischen Interessengruppen genannt. Die Reformdebatte sollte daher auf Basis empirischer Fakten und auf einem starken wissenschaftlichen Fundament erfolgen. Am mangelnden Mut der Politiker scheint es hingegen nicht zu liegen, wenn ein Reformstau besteht. So haben in einer aktuellen Untersuchung Wissenschaftler von EcoAustria gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und der TU Dortmund die Risikoneigung von Politikern im Vergleich zu höheren Beamten in Ministerien und Wählern in Deutschland unter die Lupe genommen: Basierend auf einer Befragung von ca. 18.000 Wahlberechtigten durch das Sozioökonomische Panel (SOEP), 175 Mitgliedern des Bundestages und 107 höheren Ministerialbeamten zeigen die Ergebnisse, dass Politiker eine stärker ausgeprägte Risikoneigung haben.