Prof. Dr. Monika Köppl-Turyna
Direktorin
Die internationale Entwicklung der letzten Jahre stellt für die österreichische Wirtschaft eine besondere Herausforderung dar. Insbesondere die exportorientierte Wirtschaft aber auch der Bau sind davon betroffen. Hohe Energiepreise, deutlich höhere Lohnabschlüsse aufgrund der im internationalen Vergleich höheren Inflation, der kräftige Anstieg bei den Finanzierungskosten, klimabedingte Kosten aber auch zusätzliche Auflagen und Hürden durch bürokratische Vorgaben führen dazu, dass der Wirtschaftsstandort an Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt hat und weiter verliert. Zudem fehlen Arbeits- und Fachkräfte, sodass Arbeitsplätze unbesetzt bleiben. Zusätzlich nimmt die durchschnittliche Arbeitszeit der Erwerbstätigen kontinuierlich ab.
In den vergangenen zwanzig Jahren konnte der Rückgang der Arbeitszeit durch
Zuwanderung aus der EU gut kompensiert werden, sodass die Gesamtzahl der gearbeiteten Stunden insgesamt relativ stabil geblieben ist. Der fortschreitende Übergang der Babyboomer in die Pension reduziert das Arbeitsangebot weiter. Zudem stellt sich die Frage, ob auch zukünftig die Nettozuwanderung aus den anderen EU-/EFTAMitgliedstaaten in dem Maße erfolgen wird, sodass das Arbeitsangebot auf dem Niveau gehalten werden kann. Diese Frage ist nicht nur für die Unternehmen in Österreich relevant, sondern ist insbesondere auch für die Finanzierung der öffentlichen Sozialleistungen von besonderer Brisanz.
Ein Maßnahmenbündel ist notwendig, um beim Arbeitsangebot gegenzusteuern. So sollte das tatsächliche Pensionsantrittsalter, welches im internationalen Vergleich sehr niedrig ist, erhöht werden. Es kann verstärkt um Zuwanderung aus Drittstaaten geworben werden. Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird das Arbeitskräfteangebot erhöhen. Zudem ist auch bei der Arbeitszeit anzusetzen.
In dieser Studie wird der Frage nachgegangen, inwiefern eine Ausweitung der Normalarbeitszeit um 2,5 Wochenstunden bzw. auf maximal 41 Wochenstunden zu einer Stärkung des Arbeitsangebots bzw. der Wirtschaftsleistung beitragen kann. Basierend auf den Daten der Arbeitskräfteerhebung zeigt sich, dass die Ausweitung der Arbeitszeit von unselbständigen Vollzeit-Erwerbstätigen (die Arbeitszeit von Teilzeit-Erwerbstätigen wird in der Analyse konstant gehalten) die Zahl der durchschnittlich gearbeiteten Stunden um rund 2 Prozent erhöhen könnte. Die Maßnahme würde etwas stärker auf männliche (geringere Teilzeitquote) und jüngere (größerer Anteil an kürzerer Vollzeiterwerbstätigkeit) Erwerbstätige abzielen.
Auf dieser Grundlage wurden mit dem Makromodell PuMA die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Arbeitszeitausweitung analysiert. Dazu wurden mehrere Szenarien simuliert, die die zu erwartenden Effekte eingrenzen sollen. Insbesondere bei der Lohnentwicklung ist schwer abzusehen, wie sich die Tarifpartner einigen würden. Geht man davon aus, dass die Bruttostundenlöhne ceteris paribus unverändert bleiben und damit bei längerer Arbeitszeit die Bruttomonatseinkommen entsprechend zunehmen, würde die Arbeitszeitausweitung die Anzahl der gearbeiteten Stunden gesamtwirtschaftlich den Modellergebnissen zufolge um rund 1,5 Prozent erhöhen. Der Ausweitung der Arbeitsstunden steht eine um etwa 0,4 Prozent geringere Beschäftigung gegenüber. Dementsprechend würde auch die Arbeitslosenquote etwas zunehmen. Mit der Reform legen auch die realen Investitionen (rund 1,6 Prozent) und der reale private Konsum (rund 1,2 Prozent) zu. Die reale Wirtschaftsleistung steigt infolge der Reform um knapp 6 Mrd. Euro (bezogen auf das BIP 2023).
Unterstellt man, dass die Bruttomonatseinkommen nach der Ausweitung der Arbeitszeit ceteris paribus unverändert bleiben, dann würde das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen durch die Maßnahme um rund 1,9 Prozent zulegen. Die Beschäftigung würde in diesem Szenario leicht steigen und die Arbeitslosigkeit um etwa 0,3 Prozentpunkte zurückgehen. Die reale Investitionstätigkeit würde mit über 3 Prozent zusätzlich kräftiger ausfallen, der reale private Konsum mit etwas über 1 Prozent vergleichbar mit obigem Szenario zulegen. Das reale BIP würde in dieser Reform um über 7 Mrd. Euro steigen.
In beiden Szenarien wurde unterstellt, dass die individuelle Produktivität infolge der längeren Arbeitszeit etwas zurückgeht. Unterstellt man eine unveränderte Stundenproduktivität, dann fallen die volkswirtschaftlichen Ergebnisse entsprechend etwas kräftiger aus, die Unterschiede zu den vorherigen Analysen sind jedoch moderat.