Kurzanalyse 7: Bildung zahlt sich aus

DI Johannes Berger                        Leiter des Forschungsbereichs Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung

Bildung ist einer der zentralen Treiber für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung eines Landes und auf individueller Ebene die Grundlage für den Erfolg am Arbeitsmarkt. Dabei gibt es im österreichischen Bildungssystem Verbesserungspotenziale. Darauf weist jüngst auch eine Studie der OECD im Auftrag des Sozialministeriums hin, in der eingeschränkte soziale Aufstiegschancen bemängelt werden. Entsprechend wird Bildung in den derzeitigen Sondierungsgesprächen und bevorstehenden Koalitionsverhandlungen wohl eine zentrale Rolle spielen. „Eine verbesserte Bildungsstruktur einer Gesellschaft führt zu einem Anstieg der Erwerbsbeteiligung und niedrigerer Arbeitslosigkeit. Ebenso steigen Produktivität und Einkommen und das Wirtschaftswachstum fällt höher aus“, sagt Tobias Thomas, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria.

Wie Bildung die Chancen am Arbeitsmarkt verbessert, zeigt ein Vergleich der Arbeitslosigkeit nach Bildungszugehörigkeit. In Österreich haben derzeit 14,7 Prozent aller 25 bis 64-Jährigen höchstens einen Pflichtschulabschluss (International Standard Classification of Education der UNESCO Stufen 0-2). Unter ihnen liegt die Arbeitslosenquote nach internationaler Definition bei 11,5 Prozent. 52,6 Prozent der 25 bis 64-Jährigen verfügen über eine mittlere Qualifikation (ISCED-Stufen 3-4), also zum Beispiel Matura oder eine abgeschlossene Lehre. Von ihnen sind lediglich 4,2 Prozent arbeitslos. Knapp ein Drittel (32,7 Prozent) der Personen im erwerbsfähigen Alter verfügt über einen Hochschulabschluss (ISCED-Stufen 5-8). Unter ihnen liegt die Arbeitslosenquote bei nur 3,2 Prozent.

Bereits von einer sehr moderaten Verbesserung der Bildungsstruktur würden erhebliche volkswirtschaftliche und fiskalische Effekte ausgehen. Das zeigt eine Analyse von EcoAustria mit dem Makromodell PuMA („Public Policy Model for Austria“). Hierzu wurden in Modellsimulationen unter Berücksichtigung des Steuersystems und der Sozialen Sicherung die Bildungsabschlüsse von einem Prozent der SchulabsolventInnen jährlich angehoben. Das entspricht zwischen 850 und 950 AbsolventInnen höherer Qualifikation pro Jahr mehr. Erreicht ein Prozent der AbsolventInnen pro Jahr statt höchstens Pflichtschulabschluss eine mittlere Ausbildung, so geht die Arbeitslosenquote von Personen mit niedriger Qualifikation langfristig um 0,4 Prozentpunkte zurück, verbunden mit einem nur moderaten Anstieg bei Personen mittlerer Qualifikation. Das BIP fällt langfristig um knapp 0,2 Prozent höher aus. Auch die Investitionen (+0,2 Prozent) und der private Konsum steigen (siehe Tabelle).

Tabelle: PuMA Simulationsergebnisse für ausgewählte Jahre. Szenario: Anhebung von 1 Prozent der Bildungsabschlüsse von niedriger auf mittlere Qualifikation.

Ebenfalls positiv sind die Effekte, wenn ein Prozent der AbsolventInnen pro Jahr statt einem mittleren Abschluss einen Hochschulabschluss erreicht. Dabei fallen das Bruttoinlandsprodukt langfristig um 0,3 Prozent und die Investitionen kräftig um 0,7 Prozent höher aus. Aufgrund der höheren Produktivität steigen auch die durchschnittlichen Einkommen (langfristig +0,1 Prozent). Die Beschäftigung ändert sich hingegen kaum, da es bereits bei mittlerer Qualifikation in Österreich eine recht niedrige Arbeitslosigkeit gibt.

Was die Finanzierung der Bildungsmaßnahmen angeht, werden in beiden Szenarien die höheren öffentlichen Bildungsausgaben langfristig über höhere Einnahmen durch Abgaben mehr als kompensiert und der Primärsaldo verbessert sich merklich. Kurz- bis mittelfristig würden per Saldo allerdings die Mehrausgaben überwiegen. Zudem bestehen gerade im österreichischen Schulsystem Effizienzpotenziale, mit denen die Schulleistungen erheblich verbessert werden könnten, ohne die Ausgaben dafür steigern zu müssen. So betragen die Bildungsausgaben im Elementar-, Primär- sowie Sekundarbereich je SchülerIn in Österreich kaufkraftbereinigt 9.373 Euro pro Jahr. Damit erreicht Österreich beim PISA Test der OECD 492 Punkte. Zum Vergleich erzielen die Niederlande mit Ausgaben von 8.273 Euro, also 1.099 Euro pro SchülerIn und Jahr weniger, ein Testergebnis von 508 PISA Punkten. Noch markanter fällt der Effizienzunterschied im Vergleich zu Finnland aus. Dort erreicht man mit Gesamtausgaben von nur 7.733 Euro, also 1.640 Euro je SchülerIn und Jahr weniger als in Österreich, ganze 523 PISA Punkte und damit einen europäischen Spitzenwert.

„Neben den langfristig lohnenden Investitionen in Bildung sollte insbesondere die Effizienz der öffentlichen Ausgaben im Bildungswesen gesteigert werden. Länder wie Finnland oder die Niederlande geben kaufkraftbereinigt wesentlich weniger Mittel pro Schüler aus, erreichen damit aber wesentlich bessere Ergebnisse beim PISA-Test“, so Thomas.

Abbildung: Bildungsausgaben in Kaufkraftparitäten und erreichte PISA-Punkte im europäischen Vergleich.