Den Mindestlohn gibt es nicht umsonst

DI Johannes Berger
Leiter des Forschungsbereichs Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung

Das neue Arbeitsprogramm der Bundesregierung mit dem Hoffnung stimmenden Titel „Für Österreich“ hat es in sich: Es sieht einen Mindestlohn von 1.500 Euro brutto vor. Davon wären derzeit rund 356.000 Beschäftige betroffen, darunter 149.000 Vollzeit- und 207.000 Teilzeitbeschäftigte. Bei der aktuellen Beschäftigung kämen so Mehrkosten von rund 900 Mio. Euro pro Jahr auf Österreichs Unternehmen zu – mit Folgen insbesondere in den Bereichen Beherbergung, Gastronomie, Gebäudebetreuung und -reinigung oder im Taxigewerbe. „In manchen Unternehmen würde der Mindestlohn zu einer Verringerung der Gewinne führen und damit die Anreize für Investitionen und neue Arbeitsplätze senken. Andere Unternehmen würden versuchen, die gestiegenen Lohnkosten auf die Preise und damit auf die Verbraucher umzuwälzen,“ erläutert EcoAustria-Forschungsvorstand Tobias Thomas. In Deutschland sind nach Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 z.B. die Taxipreise um gut zwölf Prozent gestiegen, in Ostdeutschland sogar um zwanzig Prozent. „Insbesondere dort wo Preiserhöhungen nicht möglich sind, wird sich der Mindestlohn negativ auf die Beschäftigung auswirken und das wäre besonders bitter“, so Thomas. „So gut gemeint Mindestlöhne sein mögen, es gibt sie nicht umsonst: Bezahlen müssen sie die Verbraucher, Unternehmen und insbesondere Geringqualifizierte. Rund 50 Prozent der Arbeitslosen in Österreich verfügen gerade mal über einen Pflichtschulabschluss, manche Ältere kommen mit dem Tempo der Digitalisierung nicht mehr mit und auch ein Gutteil der Migrantinnen und Migranten gehört zur Gruppe der Niedrigqualifizierten. Gerade ihnen wird durch hohe Mindestlöhne der Zugang zum Arbeitsmarkt und somit zu Integration und Teilhabe erschwert oder versperrt. So gesehen entpuppen sich Mindestlöhne bei näherer Betrachtung als wirtschaftlich und sozial wenig nachhaltig. Besser wäre hingegen, die Beschäftigungs- und Einkommenschancen durch eine bessere Qualifikation und Bildung zu erhöhen“, so Thomas. Methode: Die Berechnung für die Lohnkosten der Unternehmen basiert auf der Lohnsteuerstatistik für das Jahr 2015. Auf Grundlage der Differenz der Einkommen der beschäftigten ArbeitnehmerInnen (ohne Lehrlinge) mit ganzjährigen Bezügen und Vollzeitbeschäftigung zum Mindestlohn von 1.500 Euro erfolgt eine Hochrechnung auf alle vom Mindestlohn betroffenen Beschäftigten. Für teilzeitbeschäftigte ArbeitnehmerInnen wurde die durchschnittliche Arbeitszeit von teilzeitbeschäftigten Personen (20,5 Stunden) herangezogen und der Lohnkosteneffekt dementsprechend skaliert. Dienstgeberbeiträge sowie Lohnsummenabgaben sind ebenfalls eingerechnet.
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