Kurzanalyse 15: Vereinbarkeit von Beruf und Familie – Was kostet das?

Mag. Nikolaus Graf
Leiter des Forschungsbereichs Wettbewerbsfähigkeit

Das Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria hat in der vorliegenden Analyse die Mehrkosten abgeschätzt, die mit einem substanziellen Ausbau der Kinderbetreuung verbunden wären, vorgenommen. Das berechnete Ausbauszenario setzt mit der (1) der Verlängerung der Öffnungszeiten in einem Umfang, der eine Vollzeitbeschäftigung der Betreuungspersonen ermöglicht, sowie (2) der Ausweitung der Betreuung von Kindern unter drei Jahren an, zwei der maßgeblichen Engpässe des bestehenden Ist-Zustands an.

Dabei orientiert sich das erste Teilszenario an den Öffnungszeiten der Einrichtungen in Wien. Das zweite Teilszenario orientiert sich an der Kinderbetreuungsquote bei unter Dreijährigen in Dänemark. Die Mehrkosten des Ausbaus werden den effektiven Ausgaben der öffentlichen Hand im Status quo aufgeschlagen.

Unterschieden wird dabei zwischen dem Status quo, also dem bestehenden Modell, und dem Ausbauszenario, wobei Mehrkosten des Ausbaus für die beiden Teilszenarien – d.h. (1) die Verlängerung der Öffnungszeiten und (2) den Ausbau der Betreuung von unter Dreijährigen – getrennt ausgewiesen werden.

Staatliche Ausgaben für institutionelle Kinderbetreuung

Der sich aus dem Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung ergebende Mehraufwand wird auf Grundlage der Bildungsausgabenstatistik betrachtet. Hier werden Ausgaben von Ländern und Gemeinden für die Kinderbetreuungseinrichtungen herangezogen. Zur Vermeidung von Doppelzählungen erfolgt dies unter Bezug auf die letztverausgabende Stelle.

Aktuell sind die Ausgaben für das Jahr 2019 in der Kindertagesheimstatistik 2020/2021 publiziert. Die staatlichen Ausgaben für die Kinderbetreuung betrugen im Jahr 2019 2,9 Mrd. Euro. Dabei sind die Ausgaben zuletzt im Zeitverlauf deutlich angestiegen, von 2,6 Mrd. Euro im Jahr 2017 auf 2,7 Mrd. Euro im Jahr 2018 auf 2,9 Mrd. Euro im Jahr 2019.

Den Ergebnissen der Kostenabschätzung zufolge belaufen sich die Mehrkosten des Ausbaus der Kinderbetreuung über beide Teilszenarien auf etwa 1,6 Mrd. Euro. Dabei entfallen etwa 300 Mio. Euro auf die Ausweitung von Öffnungszeiten und etwa 1,3 Mrd. Euro auf die Ausweitung der Betreuung von unter Dreijährigen.

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Zusammenfassung und Resümee

Die Mehrkosten des simulierten Ausbaus der Kinderbetreuung in Österreich belaufen sich nach Maßgabe der Kostenschätzung auf etwas mehr als 1,6 Mrd. Euro. Dabei wird eine flächendeckende Ausweitung der Öffnungszeiten auf ein VIF-konformes Maß sowie eine Erhöhung der Betreuungsquote bei unter Dreijährigen auf das Niveau von Dänemark simuliert. Differenziert nach Teilszenarien belaufen sich die Mehrkosten der Betreuung von unter Dreijährigen auf etwa 1,3 Mrd. Euro. Die Mehrkosten der Ausweitung von Öffnungszeiten belaufen sich auf etwa 300 Mio. Euro. Demnach stellt sich das Teilszenario mit der Ausweitung der Kinderbetreuung für unter Dreijährige als das deutlich kostenintensivere der beiden Szenarien dar. Dies ist der kostenintensiveren Betreuungsstruktur bei Kleinkindern geschuldet, aber auch dem Umfang des Szenarios selbst. Hier wird eine Ausweitung der Betreuungsquote der unter Dreijährigen von 27,6 % auf das Betreuungsniveau von Dänemark in Höhe von 67,7 % simuliert.

Zum Vergleich: Die für die Kinderbetreuung maßgeblichen Barcelona-Ziele sehen für die Kleinkindbetreuung eine Quote von 33 % vor, liegen also deutlich unterhalb des dänischen Vergleichswerts.

Die Teilszenarien zum Ausbau von Kinderbetreuung wurden hier bewusst „ehrgeizig“ definiert und signalisieren eine substanzielle Ausweitung der Kinderbetreuung. Dabei zeigen die Ergebnisse des Performance-Indikators von EcoAustria zur Kinderbetreuung, dass Dänemark Vorreiter der institutionellen Kinderbetreuung in Europa ist. Dänemark belegt im Ranking Rang 1 unter den 27 EU-Mitgliedsstaaten plus Norwegen und der Schweiz.

Österreich liegt in diesem Ranking nur auf Rang 20. Dänemark weist damit unter den betrachteten Ländern das am weitesten ausgebaute Kinderbetreuungsmodell auf. Über beide Teilszenarien würden die Gesamtausgaben für Österreich nach dem simulierten Ausbau insgesamt etwa 4,5 Mrd. Euro oder 1,14 % des BIP ausmachen.

Zum Vergleich: Daten der OECD aus dem Jahr 2017 zufolge betrugen die öffentlichen Ausgaben für Elementarpädagogik und Kinderbetreuung in Dänemark 1,25 %.