Mag. Ludwig Strohner
Leiter des Forschungsbereichs Öffentliche Finanzen
Das Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria hat in einer Analyse die makroökonomischen Effekte durch die gänzliche Abschaffung der Kalten Progression im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen untersucht.
Die Regierung hat angekündigt, die kalte Progression ab 2023 vollständig abzuschaffen. Ein entsprechendes Gesetz soll vorsehen, dass Grenzbeträge der Progressionsstufen – mit Ausnahme der 55-Prozent-Stufe – sowie negativsteuerfähige Absetzbeträge (Verkehrsabsetzbetrag, Zuschlag zum Verkehrsabsetzbetrag, Pensionistenabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag, Alleinerzieher- und Alleinverdienerabsetzbetrag) automatisch um 2/3 der Inflation vom Zeitraum Juli bis Juni ab 01.01. des Folgejahres angehoben werden. Um auf sich verändernde gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen reagieren zu können, soll die Bundesregierung gesetzlich verpflichtet werden, jährlich im Ausmaß des restlichen Volumens von 1/3 der Wirkung der kalten Progression einen Gesetzesvorschlag an den Nationalrat vorzulegen, der Entlastungsmaßnahmen von Erwerbstätigen und/oder Pensionisten im Ausmaß dieses Volumens beinhaltet.
Laut der Analyse von EcoAustria werden Erwerbseinkommen durch die Abschaffung der kalten Progression spürbar gestärkt. Im Durchschnitt fallen die realen Nettolöhne im Jahr 2023 um 0,8 Prozent höher aus, im Jahr 2025 um knapp 1,8 Prozent. Dadurch würden auch das Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage gestärkt und entsprechend positive Beschäftigungseffekte erzielt. Gemäß den Modellsimulationen von EcoAustria erhöht die Abschaffung der kalten Progression die Beschäftigung im Jahr 2026 um 0,5 Prozent, was rund 23.000 zusätzlich Beschäftigten entspricht. Gut die Hälfte dieses Effekts sei dabei auf geringere Arbeitslosigkeit zurückzuführen. Es zeige sich, dass sich die Arbeitsmarktsituation von Geringqualifizierten stärker verbessert.
Vor allem die steuerliche Entlastung, aber auch der positive Beschäftigungseffekt, erhöhen die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte. Der private Konsum werde daher stärker ausfallen. Der Konsumeffekt betrage im Jahr 2023 knapp 0,8 Prozent und steigt auf 1,6 Prozent im Jahr 2026. Aufgrund der höheren Nachfrage und des Beschäftigungszuwachs steigen die Investitionsanreize der Unternehmen und die realen Investitionen steigen um rund 0,4 Prozent.
Die Abschaffung der kalten Progression erhöht das reale BIP im Jahr 2023 um 0,3 bzw. im Jahr 2026 um knapp 0,7 Prozent, was einem Wertschöpfungseffekt von 1,4 bzw. 3 Mrd. Euro entspricht. Festzuhalten ist, dass die geringere Abgabenbelastung über diese positiven volkswirtschaftlichen Effekte wiederum Rückwirkungen auf die öffentlichen Finanzen hat. So führt der positive Konsumeffekt zu höheren Einnahmen aus Konsumsteuern und der Beschäftigungseffekt hat zur Folge, dass SV-Beiträge bzw. Lohnsummenabgaben zunehmen und die Einkommensteuer weniger stark zurückgeht. Damit finanziert sich die Maßnahme zu rund 40 Prozent selbst.