Mag. Dr. Wolfgang Schwarzbauer
Leiter des Forschungsbereichs Außenwirtschaft und regionale Wirtschaftspolitik
Während der COVID-19 Pandemie wurde verstärkt gefordert, die weit fortgeschrittene internationale Arbeitsteilung wieder teilweise zurückzufahren und Produktion in Zukunft wieder zu re-regionalisieren. Obwohl diese Forderungen vor dem Hintergrund einer zum Teil schwierigen Versorgungslage mit medizinischem Equipment während einer globalen Pandemie verständlich sind, sind sie jedoch ökonomisch nicht zielführend. „Österreich ist als kleine, offene Volkswirtschaft stark in globale Wertschöpfungsketten eingebunden und profitiert durch Spezialisierungsvorteile von der internationalen Arbeitsteilung“, sagt Wolfgang Schwarzbauer, einer der Autoren der Studie.
Dies wird an der Bedeutung der internationalen Endnachfrage für Österreichs Wirtschaft deutlich. Die ausländische Nachfrage ist direkt und indirekt für rund ein Drittel der heimischen Wirtschaftsleistung verantwortlich. Auf Branchenebene besitzen einzelne Branchen weitaus höhere Quoten, vor allem in der Industrie (z.B. in der Kraftfahrzeugherstellung oder Metallerzeugung) aber auch in einigen Dienstleistungsbranchen (z.B. im Großhandel, Transport und in der Finanzbranche). In der Industrie werden mehr als drei Viertel der Wertschöpfung im Ausland nachgefragt, in der Rohstoffgewinnung sind es fast zwei Drittel.
Dabei spielen Deutschland, aber auch die USA, China und Italien eine bedeutende Rolle. So werden 6,6 Prozent der gesamten Wertschöpfung Österreichs der Endnachfrage in Deutschland zugeführt. In einzelnen Branchen ist die Bedeutung der drei weltweit zentralen Ökonomien USA, China und Deutschland noch deutlicher. Die österreichische Kraftfahrzeugherstellung hängt beispielsweise zu rund 40 Prozent von der Endnachfrage in diesen drei Ökonomien ab.
Einen Überblick der Hauptergebnisse bietet die folgende Tabelle:
Österreichs Position in globalen Wertschöpfungsketten kann als mittig beschrieben werden. Österreich gilt weder als stark „upstream“ wie rohstofffördernde Länder (z.B. Russland und Norwegen) oder nahe am Endverbraucher wie beispielsweise kleinere osteuropäische Staaten. Gleichzeitig ist die Partizipation Österreichs in globalen Wertschöpfungsketten sehr hoch. Österreichs Unternehmen sind somit stark in internationale Produktionsverflechtungen eingebunden.
Vor diesem Hintergrund gilt es insbesondere die COVID-19 Pandemie nicht als Anlass heranzuziehen, um internationale Wertschöpfungsketten zu re-regionalisieren. Die Intensivierung des Freihandels und Vertiefung der Wertschöpfungsketten führten über Effizienzgewinne und erhöhten Wettbewerb zu niedrigeren Preisen und Wohlfahrtsgewinnen. Eine gegensätzliche Entwicklung bringt dementsprechend wohlfahrtsreduzierende Effekte mit sich.
Vielmehr zeigt die hohe Bedeutung ausländischer Endnachfragemärkte für die österreichische Wirtschaft, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit ausgebaut werden soll. Sowohl der produzierende Bereich als auch Marktdienstleistungen wie der Großhandel oder der Transport sind von der Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft abhängig und profitieren davon. Ziel muss es daher sein, die Produktivität österreichischer Unternehmen wieder zu stärken, sowohl kurz-, mittel-, als auch langfristig. Dazu gehören u.a. eine effiziente Unterstützung der Forschung österreichischer Unternehmen, Qualitätsverbesserungen im Bildungsbereich, sowie der verstärkte Ausbau von digitaler Breitbandinfrastruktur.
Letztendlich gilt es auch die Entwicklung der europäischen Integration weiter mitzugestalten. Österreich zählt zu den Profiteuren des EU-Binnenmarkts, der Zollunion, des Schengen-Abkommens und des Euros, wie zahlreiche Studien zeigen. Im Rahmen einer international starken EU soll sich Österreich zudem für den Erhalt der Welthandelsorganisation sowie für den Abschluss bi- und multilateraler Freihandelsabkommen einsetzen, die das einzige Instrument der EU darstellen, um gegen die Erosion der Rechtssicherheit im internationalen Handel vorzugehen.