Priv.-Doz. Dr. Monika Köppl-Turyna
Direktorin
Die Frage der Repräsentation von Frauen in der Politik hat in letzter Zeit mehr Aufmerksamkeit erlangt. Sie ist aus mindestens zwei Gründen wichtig. Erstens sind Frauen auf der politischen Bühne weltweit stark unterrepräsentiert. So sind nur ca. 25 Prozent der Gesetzgeber weiblich, obwohl Frauen etwa die Hälfte der Bevölkerung ausmachen. Deshalb sucht die Wissenschaft nach Politikmaßnahmen, die zu einem geschlechtergerechteren politischen Prozess beitragen. Zweitens zeigt ein wachsender Bestand an Literatur, dass Politikerinnen andere Entscheidungen treffen als ihre männlichen Kollegen. Daher kann das Verständnis der Faktoren, die zu einem unterschiedlichen Grad an Repräsentation von Frauen auf der politischen Bühne beitragen, helfen, die Unterschiede in der Politik und ihre Auswirkungen zu verstehen.
Dieses Forschungspapier befasst sich mit den politischen Maßnahmen zur Förderung der Beteiligung von Frauen in gesetzgebenden Körperschaften unter Verwendung einer Reihe von Änderungen des Wahlrechts in Polen. Die Identifikationsstrategie baut auf der Tatsache auf, dass bei den Wahlen 2018 in Gemeinden mit einer Bevölkerungsgröße von über 20.000 Einwohnern eine Frauenquote eingeführt wurde. Wenn dies die einzige Änderung bei einer Bevölkerungsgröße von 20.000 Einwohnern wäre, wäre eine Regressionsdiskontinuität eine einfache Strategie zur Messung der Wirkung der Frauenquote. Da die Schwelle von 20.000 Einwohnern aber auch die Anwendung zweier verschiedener Wahlsysteme auf lokaler Gesetzgebungsebene (Gemeinderäte) in Polen bestimmt, ist dieser Ansatz nicht anwendbar. Unterhalb dieser Schwelle gilt ein Mehrheitswahlrecht, oberhalb der Schwelle ein Verhältniswahlrecht. Aufgrund der mehrfachen Unterschiede am Grenzwert von 20.000 Einwohnern kommt ein Differenz-in-Diskontinuitäten-Ansatz zur Anwendung.
Die Hauptergebnisse werden in der folgenden Abbildung dargestellt. Die linke Grafik stellt den Unterschied in den Diskontinuitäten für den Anteil der Frauen im Gemeinderat dar, während sich die rechte Grafik auf den Anteil der gewählten Frauen bezieht. Es ist zu beobachten, dass zwar eine signifikante Diskontinuität hinsichtlich des Frauenanteils im Gemeinderat besteht, dass aber für die Chancen von Frauen, gewählt zu werden, kein solcher Effekt festgestellt werden kann.
Wir stellen fest, dass sich die Frauenquote stark positiv auf den Frauenanteil im Gemeinderat auswirkt. Dies ist auf zwei Effekte zurückzuführen: Erstens erhöht die Quote die Menge der verfügbaren weiblichen Kandidaten. Während es 2010 keine Unterschiede zwischen dem Anteil weiblicher Kandidaten an der gesamten Kandidatenmenge gab, gibt es 2018 einen starken Anstieg an der Bevölkerungsschwelle. Die Quote hat jedoch keinen Einfluss auf die individuelle Wahrscheinlichkeit, als Frau gewählt zu werden. Dies lässt den Schluss zu, dass der Einfluss der Frauenquote auf das Wahlverhalten eher begrenzt ist. Zweitens können wir aus einem Vergleich mit der Wirkung der Wahlregel schließen, dass die Quote dem negativen ‚Partei-Bias‘ entgegengewirkt hat, der mit dem Verhältniswahlrecht verbunden ist.