Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals

Die COVID-19-Pandemie sowie die nationale und internationale Eindämmungsbestrebungen haben erhebliche Auswirkungen auf die globale Wirtschaft. Unternehmen weltweit werden in den nächsten Monaten und Jahren in zunehmendem Maße von höherem Insolvenzrisiko bedroht sein. Auch in Österreich hat die Krise Probleme in der Eigenkapitalausstattung heimischer Unternehmen offengelegt. So hat der Umsatzrückgang auf direktem und über die Bewertung von Aktiva auf indirektem Weg die Situation der geringen Eigenkapitalausstattung noch verschärft. Darüber hinaus haben Kreditgarantien, die Anpassung der Kreditlinien und Stundungen bei Abgaben zwar die akute Insolvenzgefährdung kräftig reduziert, die Problematik der Bedienung dieser Verbindlichkeiten bleibt jedoch bestehen. Dementsprechend sind Maßnahmen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis heimischer Unternehmen zu begrüßen. Dies wird die Resilienz vor zukünftigen Krisen stärken und kann dazu beitragen, die Finanzierungskosten von Investitionen zu verringern.

Die Finanzierungsstruktur von Unternehmen wird durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt, die sowohl das Unternehmen selbst bzw. den Markt, indem es tätig ist, betreffen, als auch das institutionelle Umfeld. Empirische Studien legen nahe, dass wesentliche institutionelle Gegebenheiten wie die Rechtssicherheit, die Ausgestaltung des Gläubigerschutzes, die Qualität der Regulierung, die Festlegung von Rechnungslegungsstandards, Offenlegungspflichten sowie Regulierungen für Pensionskassen eine Rolle spielen. Darüber hinaus ist das steuerliche Umfeld maßgeblich für die Finanzierungsstruktur und damit die Eigenkapitalausstattung von Unternehmen. Hier ist insbesondere die steuerliche Behandlung von Eigen- und Fremdkapitalerträgen auf Unternehmensebene als auch von Zinserträgen und Ausschüttungen auf individueller Ebene zu nennen. Spezifische Regelungen wie die Art der Besteuerung von Gewinn- bzw. Mitarbeiterbeteiligungen können ebenso die Finanzierungsstruktur beeinflussen.

Die Eigenkapitalausstattung nicht-finanzieller Unternehmen in Österreich verbesserte sich in den letzten Jahren zwar kontinuierlich. Im internationalen Vergleich ist der Fremdkapitalanteil aber weiterhin hoch und liegt im oberen Drittel des Ländervergleichs. Damit ist das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital in Österreich rund doppelt so hoch wie etwa in Schweden oder der Schweiz, den Ländern mit der besten Eigenkapitalausstattung im Ländersample. Im österreichischen Branchenvergleich weisen die Beherbergung und Gastronomie, das Baugewerbe, die Immobilienwirtschaft sowie die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen besonders niedrige Eigenkapitalquoten auf. In den meisten Steuersystemen weltweit sind Fremdkapitalzinsen bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns von der Bemessungsgrundlage abzugsfähig, für Eigenkapitalzinsen gilt dies in der Regel nicht.

Dieser Unterschied wird als Diskriminierung der Eigenkapitalfinanzierung angesehen und trägt zu einer entsprechend hohen Fremdkapitalfinanzierung bei. Die Idee einer fiktiven Eigenkapitalverzinsung besteht darin, diese Verzerrung zu beheben, indem Unternehmen auf das Eigenkapital einen fiktiven Zinssatz erheben und diesen steuerlich in Abzug bringen können. Der internationale Überblick zeigt, dass solche Systeme in einer Reihe von Ländern, auch in Europa, eingeführt wurden. Die Ausgestaltung unterscheidet sich jedoch teilweise erheblich.

Ein prinzipieller Unterschied besteht darin, ob sich das gesamte Eigenkapital zur Eigenkapitalverzinsung qualifiziert oder lediglich der Eigenkapitalzuwachs. Unterschiede bestehen zudem in der Höhe des Zinssatzes, der häufig als Zuschlag zur Rendite von Staatsanleihen oder auf einen Fremdkapitalzinssatz festgelegt wird. In einigen Ländern kann die Eigenkapitalverzinsung in voller Höhe steuerlich geltend gemacht werden, in anderen wird sie lediglich einem niedrigeren Steuersatz unterworfen. Auch in Österreich finden sich in der Vergangenheit Regelungen, die eine steuerliche Begünstigung von Eigenkapitalzinsen vorgesehen haben.

Darüber hinaus ist die Einführung einer fiktiven Eigenkapitalverzinsung durch die Senkung der Steuerbemessungsgrundlage mit einer steuerlichen Entlastung verbunden. Aus steuerlichen Gesichtspunkten ist Österreich im Laufe der Jahre relativ zu Vergleichsländern bei der Unternehmensbesteuerung wieder etwas ins Hintertreffen gelangt. Die Berücksichtigung von Eigenkapitalzinsen würde die Wettbewerbsposition sowie Krisenresilienz heimischer Unternehmen stärken.

Es wurden die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer spezifisch ausgestalteten fiktiven Eigenkapitalverzinsung in Österreich ermittelt. Dabei wird insbesondere angenommen, dass das Eigenkapital mit einem Zuschlag von 2 Prozentpunkten zum Geldmarktzins verzinst wird und die entsprechenden Zinsen in vollem Umfang (bis zu einer Deckelung) die steuerliche Bemessungsgrundlage reduzieren. Im Hauptszenario wird eine Deckelung der Eigenkapitalzinsen mit 1 Mio. Euro unterstellt, sodass sich die maximale steuerliche Entlastung bei der Körperschaftsteuer auf 250.000 Euro jährlich beläuft. Die Maßnahme reduziert den effektiven Steuersatz auf Unternehmensgewinne, senkt damit die Kapitalnutzungskosten bei Finanzierung über Eigenkapital (insbesondere einbehaltene Gewinne) und schafft zusätzliche Investitionsanreize.

Die realen Investitionen legen nach den Ergebnissen der Simulation mit dem PuMA-Modell im Vergleich zum Basisszenario ohne Eigenkapitalverzinsung um mehr als 0,5 Prozent zu. Die bessere Kapitalausstattung erhöht die Produktivität der Beschäftigten und damit die Arbeitsnachfrage und die Beschäftigung. Die höhere Produktivität stärkt zudem die verfügbaren Einkommen und damit die private Konsumnachfrage, die durch die Maßnahme um rund ¼ Prozent höher ausfällt. Das BIP liegt um rund 0,2 Prozent höher als im Basisszenario ohne Reform, was einer zusätzlichen Wertschöpfung im Ausmaß von rund 800 bis 900 Mio. Euro jährlich entspricht.

Zudem stärkt die Reform die Eigenkapitalausstattung der heimischen Unternehmen, das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital reduziert sich um 4 Prozentpunkte, bzw. die Eigenkapitalquote steigt um 0,8 bzw. 1,7 Prozentpunkte je nach Szenario. Durch die positiven volkswirtschaftlichen Effekte legen auch die öffentlichen Einnahmen, insbesondere bei Sozialversicherungsbeiträgen, der Lohn- und Einkommensteuer bzw. Konsumsteuern zu, sodass sich die Reform mittel- und längerfristig rund zur Hälfte über höhere Einnahmen selbst finanziert.

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Die Modellsimulationen verdeutlichen, dass eine Eigenkapitalverzinsung die (Eigen-)Kapitalausstattung der Unternehmen verbessert, was angesichts der im internationalen Vergleich unterdurchschnittlichen Eigenkapitalausstattung der Unternehmen positiv ist. Neben einer fiktiven Eigenkapitalverzinsung können auch andere Maßnahmen dazu beitragen, die Eigenkapitalausstattung österreichischer Unternehmen zu stärken. Dazu gehören insbesondere regulatorische Maßnahmen, steuerliche Regelungen in Teilbereichen wie etwa bei Mitarbeiter- und Gewinnbeteiligungen und eine Förderung des gesellschaftlichen Umfelds hin zu mehr Risikofreude. Eine bessere Eigenkapitalausstattung stärkt die Resilienz der Unternehmen, weil sie dadurch auch stärkere Umsatzeinbrüche über einen längeren Zeitraum abfedern können. Insgesamt hat eine fiktive Eigenkapitalverzinsung entsprechend positive volkswirtschaftliche Auswirkungen.