Ukraine-Russland-Krise und ihre Folgen

Mag. Ludwig Strohner
Leiter des Forschungsbereichs Öffentliche Finanzen

Der Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine hat weitreichende politische und wirtschaftliche Konsequenzen. Die Krise zeigt auch die Abhängigkeit der europäischen Wirtschaft von Rohstoffen aus dieser Region. In dieser Kurzstudie wird der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen mit einem markanten Erdgaspreisanstieg und einem Aussetzen von Exporten nach Russland und der Ukraine verbunden sind.

In der Analyse wird von einem deutlichen Erdgaspreisanstieg ausgegangen. Unter Berücksichtigung von Markterwartungen und Beschaffungsstrategien von Unternehmen wird im Hauptszenario ein Anstieg auf im Schnitt rund 80 Euro je MWh im Jahr 2023 unterstellt. Ein zweites Szenario geht von einem dauerhafteren Preiszuwachs aus, sodass für das Jahr 2023 ein Preis von rund 130 Euro im Schnitt angenommen wird. Österreichs Bruttoexporte (Waren und Dienstleistungen) nach Russland und in die Ukraine belaufen sich auf rund 0,9 Prozent des BIP. Von einem Ausfall dieser Exporte sind merkliche wachstumsdämpfende Effekte zu erwarten.

Die Analyse dieser beiden Schocks mit dem Makromodell E-PuMA zeigt, dass im Hauptszenario die wirtschaftliche Erholung nach der COVID-19-Krise erheblich gedämpft wird. Die Beschäftigung dürfte gegenüber dem Basisszenario um etwa 40.000 Personen niedriger ausfallen, die Arbeitslosigkeit (internationale Definition) bis zu 30.000 Personen zulegen und die Investitionen um 3 Prozent einbrechen. Das BIP wird im heurigen und nächsten Jahr um etwa 1,3 Prozent als im Szenario ohne Ukraine-Russland-Krise niedriger ausfallen.

Im Szenario mit längerfristigem Effekt auf die Erdgaspreise könnte im Jahr 2023 die Beschäftigung um rund 60.000 Personen niedriger sein als im Szenario ohne Krise, die Arbeitslosigkeit legt gemäß Modellsimulation um mehr als 35.000 Personen zu. Die Investitionstätigkeit der Unternehmen wird hiervon noch kräftiger betroffen sein. Das BIP liegt im kommenden um knapp 8 Mrd. Euro niedriger.

Mit dem Ausklingen der Krise gehen die Auswirkungen wieder deutlich zurück. Dennoch ist auch in nachfolgenden Jahren noch mit spürbaren Wirkungen, geringerer Beschäftigung und Investitionszurückhaltung zu rechnen.

 

Darüber hinaus ist anzumerken, dass keine weiteren potenziellen Risiken betrachtet wurden. Ein kräftiges Anziehen des Erdölpreises, Auswirkungen höherer Inflation auf die Geldpolitik, weitere Sanktionen der EU bzw. Gegenreaktionen von Seiten Russlands sind wesentliche Risiken, die die Wachstumsentwicklung weiter deutlich abschwächen könnten.