Der neue Standortwettbewerb spitzt sich zu: Arbeitskräfte werden mobiler

Das Wirtschaftsforschungs-Institut EcoAustria hat sich in der aktuellen Studie angesehen, welche Effekte wie wachsende Mobilität von Arbeitskräften auf die Steuereinnahmen hat. Denn digitale Nomaden finden sich seit Beginn der Pandemie längst in allen Bildungs- und Altersschichten. In einem vorsichtigen Szenario könnten dem österreichischen Budget fast 500 Millionen Lohnsteuer pro Jahr entgehen, sollten österreichische Erwerbstätige die Vorzüge in anderen Ländern in Bezug auf Abgaben und geringere bürokratische Hürden – etwa bei der Unternehmensgründung – für sich entdecken. Gleichzeitig bietet sich für den österreichischen Staat nun eine historische Chance, die Rahmenbedingungen zu verändern, um Zuzug von qualifizierten Arbeitskräften nach Österreich zu unterstützen und dadurch die Steuereinnahmen zu erhöhen.

„Eine hohe Wettbewerbsfähigkeit eines Landes oder einer Region hat positive Effekte auf die Ansiedlung von Unternehmen, die Innovationskraft und Produktivität, sowie schließlich auf das Wirtschaftswachstum im Allgemeinen. Dabei hat die Wettbewerbsfähigkeit eine Vielzahl an Dimensionen, von der Ausgestaltung der Institutionen, die die Sicherung der Eigentumsrechte oder funktionierende Märkte sicherstellen, bis hin zur Bildungsstruktur der Gesellschaft, der Infrastruktur, oder dem Steuer- und Abgabensystem“, hebt EcoAustria Direktorin Monika Köppl-Turyna hervor.

Bisherige Diskussionen rund um den Standortwettbewerb und das Steueraufkommen bezogen sich großteils auf Unternehmenssteuern oder Konsumsteuern, dabei sind die Einnahmen aus Lohnsteuern um ein Vielfaches wichtiger für die Staatsfinanzen. Die voranschreitende Digitalisierung, die durch die Erfahrungen aus der COVID-19 Pandemie weiter verstärkt wird, kann zukünftig eine neue Dimension von Standortwettbewerb bewirken, die bis dato noch nicht ausführlich in der öffentlichen Debatte diskutiert wird: den Standortwettbewerb rund um die Ansiedlung von international mobilen Erwerbstätigen.

Bereits in den vergangenen Jahrzehnten führte die Digitalisierung zu tiefgreifenden Änderungen am Arbeitsmarkt. Dazu zählen beispielsweise eine Verschiebung der Arbeitsnachfrage hin zu kognitiven Fähigkeiten und Tätigkeiten, vor allem in stark digitalisierten, aber auch ein Rückgang der Arbeitsnachfrage nach repetitiven Tätigkeiten. Bereits vor COVID-19, aber verstärkt durch die Pandemie, kam es zur Nutzung der Möglichkeit zur Telearbeit. Außerdem wird Crowdworking, eine neue Form der digitalen Arbeit, immer häufiger angewandt und genutzt.

All diese Trends am Arbeitsmarkt können die internationale Mobilität von Erwerbstätigen begünstigen. Die vorgenommene Abschätzung des Lohnsteueraufkommens, das in einem internationalen Wettbewerb zur Ansiedlung von Erwerbstätigen auf dem Spiel steht, basiert auf der Lohnsteuerstatistik, Daten aus der Literatur zum Telearbeit-Potenzial und verschiedenen Szenarien zur tatsächlichen Inanspruchnahme der internationalen Mobilität. Je nach Szenario sind zwischen 1,8 und 18,1 Prozent der lohnsteuerpflichtigen Erwerbstätigen international mobil. Diese leisten 2,2 bis 22,2 Prozent des Lohnsteueraufkommens in Österreich. Insbesondere Erwerbstätige mit hohem Einkommen, die auch einen überproportionalen Teil der Steuerlast tragen, sind potenziell international mobil.

„Alleine in einem sehr vorsichtigen Szenario, wo nur fünf Prozent der Arbeitskräfte, die mobil arbeiten können, auch mobil werden, stehen Hunderte Millionen Euro weniger Lohnsteuereinnahmen auf dem Spiel“, so Köppl-Turyna.

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Auf einen Blick

Der Standortwettbewerb mit Ländern innerhalb und außerhalb Europas gewinnt an Bedeutung. Jetzt ist es notwendig, Schritte zu setzen, welche die Attraktivität des Standorts Österreich aus Sicht der international mobilen Erwerbstätigen erhöhen. Zentrale Standortdimensionen sind unter anderem die Steuer- und Abgabenbelastung, die in Österreich im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hoch ist, regulatorische Hürden zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit sowie die Qualität der Infrastruktur, insbesondere der digitalen Infrastruktur. Darüber hinaus sind außerdem die Lebensqualität und das Gesundheits- und Bildungssystem zentrale Standortdimensionen im Wettbewerb um international mobile Erwerbstätige.