Mag. Ludwig Strohner
Leiter des Forschungsbereichs Öffentliche Finanzen
EcoAustria hat im Auftrag der Wirtschaftskammer Wien die Entwicklung der lohnbezogenen Abgaben in Österreich seit dem Jahr 1976 untersucht. Die Berechnungen verdeutlichen, dass sich die zu leistenden Abgaben für alle betrachteten Einkommenshöhen deutlich erhöht haben. Für diesen Anstieg waren insbesondere Sozialversicherungsbeiträge (Dienstnehmer und Dienstgeber) verantwortlich, in geringerem Ausmaß auch die Einkommensteuer.
Die Berechnungen lassen sich in absoluten Werten illustrieren: wenn die zu leistenden Abgaben (in Prozent des Bruttoeinkommens) aktuell auf dem Niveau vom Jahr 1975 wären, würden diese beispielsweise für eine Person an der Höchstbeitragsgrundlage um rund 15.000 Euro jährlich (mehr als 1.000 Euro monatlich) geringer ausfallen als sie es tatsächlich tun.
Monika Köppl-Turyna, Direktorin von EcoAustria, kommentiert die Entwicklung der Abgaben auf Arbeitseinkommen: „Die steuerliche Belastung der Arbeitseinkommen in Österreich liegt im europäischen Vergleich im Spitzenfeld. Mit der geplanten Steuerreform erfolgt zwar keine grundsätzliche Trendumkehr bei der Entwicklung von arbeitsbezogenen Abgaben, aber ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um den Faktor Arbeit zu entlasten. Mit unseren Berechnungen von dieser Woche schaffen wir eine Informationsgrundlage für weitere notwendige Reformschritte.“
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Abgaben spielen im täglichen Leben eine grundlegende Rolle. Auf der einen Seite finanzieren sie die Leistungen der öffentlichen Hand, auf der anderen Seite reduzieren sie die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte und Investitionsmöglichkeiten der Unternehmen. Die Höhe der Abgaben beeinflusst die wirtschaftliche Entwicklung und die internationale Wettbewerbsfähigkeit. In Österreich kommt einkommensbezogenen Abgaben eine zentrale Bedeutung zu.
Volkswirtschaftlich haben sowohl die Abgaben insgesamt als auch lohnbezogene Abgaben im Zeitraum von 1976 bis 2018 deutlich zugenommen. Dies ist im Wesentlichen auf einen starken Anstieg bis etwa zur Jahrtausendwende zurückzuführen, danach zeigt sich im Großen und Ganzen eine Seitwärts-Bewegung.
Der Anstieg der gesamtwirtschaftlichen (lohnbezogenen) Abgaben gibt jedoch noch keinen direkten Aufschluss darüber, wie sich dieser auf verschiedene Einkommensgruppen verteilt. In der vorliegenden Studie wird dementsprechend für ausgewählte Höhen des Arbeitseinkommens der zeitliche Verlauf der zu leistenden Abgaben zwischen 1975 und 2022 dargestellt. Damit können auch die Auswirkungen des Konjunkturstärkungsgesetzes 2020 sowie die geplanten weiteren Schritte der Steuerreform berücksichtigt werden.
Es werden exemplarisch sieben Einkommenshöhen untersucht, die ein breites Spektrum abdecken. Die Analyse umfasst Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung, die Einkommensteuer, Dienstgeberbeiträge sowie Steuern auf die Lohnsumme. Dabei wird von einer alleinstehenden Person ohne Familienleistungen ausgegangen, die in einem Angestelltenverhältnis tätig ist.
Es zeigt sich ein deutlicher Anstieg von 1975 bis 1988, der durch die Einkommensteuerreform 1988 gedämpft wurde. Nach 1989 ist wiederum ein kontinuierlicher Zuwachs bis etwa Anfang der 2000er-Jahre festzustellen. In der Folge ergibt sich eine Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau. Die ab dem Jahr 2020 geltenden bzw. geplanten Maßnahmen dämpfen die Abgabenbelastung etwas.
Der Anstieg der zu leistenden Abgaben fällt bei hohen Einkommen stärker aus als bei geringen Einkommen. Während er insgesamt für die beiden niedrigsten untersuchten Einkommenshöhen zwischen 1975 und 2019 rund 10 Prozentpunkte des Bruttojahreseinkommens beträgt, ist er für die anderen Einkommen spürbar höher, am stärksten für Einkommen bei der Höchstbeitragsgrundlage mit knapp 22 Prozentpunkten.
Auch zeigt sich: aktuell tragen schon vergleichsweise geringe Einkommen mit rund 45 % des Bruttojahreseinkommens eine ähnlich hohe Abgabenbelastung wie sie im Jahr 1975 noch für die hohen Einkommen galt.